Seit kurzem nimmt
sich die germanistische Fachgeschichte vermehrt der jüngsten Vergangenheit
des Fachs an. Die zeitliche Nähe dieses Untersuchungsbereichs zur Gegenwart
birgt die Gefahr, das Bild, das man von ihm zeichnet, zu verzerren. Eine
historische Rekonstruktion muss es sich daher zur Aufgabe machen, ihre Fragen
nicht zugunsten eines aktuellen Bedürfnisses zu vereinfachen und ihren
Gegenstand in seiner Komplexität zu beschreiben. Nur so kann bestimmt
werden, welche Momente das Fach in einer gegebenen Zeit konstitutieren und
welche der jeweiligen Bedingungen verloren gegangen sind, welche Möglichkeiten
fortbestehen und welche reaktiviert werden könn(t)en. Der Band Innovation
und Modernisierung setzt sich das Ziel, den ersten Teil dieser Aufgabe,
die Rekonstruktion der Momente, anzugehen. Die zuerst auf einer Fachtagung
vorgetragenen Einzelfalluntersuchungen porträtieren Einrichtungen und
Forscherpersönlichkeiten der Germanistik in ihrer Modernisierungsphase.
Überwiegend verfasst von Zeitzeugen, versuchen die Beiträge die
Perspektive der damaligen Akteure nachzuzeichnen, ohne erneut in deren Rollen
zu schlüpfen. Deutlich tritt die damals anwachsende Heterogenität
des Fachs auf verschiedenen Ebenen – methodisch, politisch, organisatorisch
– hervor. Zu den Ergebnissen des Bandes zählt, dass sich nicht
nur signifikante Veränderungen auf den genannten Ebenen abspielten,
sondern dass an verschiedenen Hochschulen aktive Gruppen, die auf der einen
Ebene ähnlich ausgerichtet waren, hinsichtlich anderer Ebenen z. T.
durchaus stark unterschiedliche Akzentuierungen und Problemgewichtungen
vornahmen. Korreliert und einer Kritik unterzogen wurden die Darstellungen
und Berichte in einer mitabgedruckten, umfangreichen Tagungsdiskussion. |