Ulrich Blau .
Die Logik der Unbestimmtheiten und Paradoxien
(Philosophische Impulse, Band 8)
2008, 960 Seiten
Hardcover, Fadenheftung
€ 98,00
ISBN 978-3-935025-89-8
 
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Die hier vorgeschlagene nichtklasssiche Logik erweitert die klassische Logik und Mengentheorie so konservativ wie möglich im Hinblick auf drei Bereiche:

  1. (1) die Logik der natürlichen Sprache
  2. (2) die logischen Grundlagen der Mathematik
  3. (3) die logisch-philosophischen Paradoxien.

Eine universelle Bewußtseinsmechanik verbindet diese Bereiche, und ihr bester Zeuge ist die Paradoxie des Lügners. Deren Lösung beruht formal auf einer Subjekt/Objekt-Spaltung L/L*, die mental fortwährend entsteht und verschwindet.

  • Unreflektierter Lügner L: Dieser Satz ist nicht wahr auf meiner Stufe jetzt: der reflektierenden Stufe.
  • Reflektierter Lügner L*: Dieser Satz ist nicht wahr auf der von mir jetzt reflektierten Stufe.

L ist auf jeder Stufe offen, d. h. ohne Wahrheitswert. Aber sobald wir dies auf der nächsten Stufe erkennen, verfestigt sich die Lücke zum nichtklassischen Wert offen, L verwandelt sich durch selbstobjektivierend in L* und oszilliert grenzenlos zwischen wahr und falsch. Ein logischer Reflexionsstufenindikator *, ein unpersönliches ich-jetzt, steckt im Lügner, wird in der Reflexionslogik LR analysiert, löst alle semantsichen Paradoxien und wirft Licht auf die Bereiche (1)–(3).

Ad (1): Bislang gab es keine Logik, die etwa den Satz

Ich glaube, er ahnt nicht, daß wir wissen, was er mit uns vorhat.

syntaktisch natürlich formalisiert und die semantisch korrekten Folgerungen liefert. Dies leistet eine mit LR eng verwandte Sprachlogik LS, deren Grundindikatoren ich und jetzt dem logischen Muster von * folgen. LS bringt Neues zu Vagheit und Kontextabhängigkeit, zu den Kategorien- und Präsuppositionsfehlern, zu Indexikalität, Intentionalität, Modalität, Kausalität, Anführung, Abstraktion und zur Adverbiallogik.

Ad (2): Der Lügner radikalisiert sich fortwährend durch Formalisierung seiner LR-Lösung, erzwingt denkbar stärkste formale Mittel und deren platonistische Deutung: Das extensional unbestimmte reine Mengenuniversum \V ist intensional-imperativ eindeutig bestimmt, der Mengen/Klassen-Unterschied ist absolut, alle imprädikativen Teilklassen von \V sind real, die transfinite ordinale Arithmetik kann und muß transdefinit grenzenlos fortgesetzt werden, der allgemeine (Un-)Begriff des Ordinals ist intensional eindeutig, aber formal nicht ausdrückbar, desgleichen der (Un-)Begriff der ganzen formalen Wahrheit, und ein formal nicht ausdrückbares Reflektionsargument spricht für Cantors Kontinuumshypothese. Zahlen-, Mengen-, Klassen- und Wahrheitstheorie sind eine grenzenlos erweiterbare Theorie.

Ad (3): Alle tiefen Paradoxien sind Bewußtseinsparadoxien. Es gibt zwei Sorten, die lösbaren und die anderen. Die einen verschwinden durch die richtigen Trennungen, die anderen entstehen durch unvermeidlich falsche Trennungen, die das natürliche Weltbild erzwingt. Diese kategorialen Trennungen Subjekt/Objekt, Gewißheit/Wahrheit, Bewußtsein/Sein, innere Freiheit/äußere Unfreiheit, Psyche/Physis, mentale Praxis/formale Theorie verweisen zur Lösung der tiefsten Paradoxien auf einen uralten mystischen Bewußtseinsmonismus, ohne den der mathematische Platonismus nicht lebensfähig wäre. Dieser Monismus ist theoretisch nicht faßbar, wird nur in Exkursen und im Nachwort skizziert.

Ulrich Blau, Jg. 1940, lehrte bis 2005 als Professor für Logik und Wissenschaftstheorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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